Geschichte der Gesellschaft Schweiz-Russland

Die Gesellschaft Schweiz-Russland hat in den 100 Jahren ihrer Existenz eine wechselhafte Geschichte erlebt. Sie wurde 1925 unter dem Namen Gesellschaft Schweiz-Sowjetunion (GSS) gegründet, zu einer Zeit, als sich die schweizerisch-russischen bzw. schweizerisch-sowjetischen Beziehungen auf einem Tiefstand befanden. Zwei Jahre zuvor hatte der, aus einer wohlhabenden Familie eines Bündner Schokoladenfabrikanten stammende und in Sankt Petersburg aufgewachsene Moritz Conradi in Lausanne den sowjetischen Diplomaten Wazlaw Worowski erschossen. Der Freispruch Conradis durch ein Waadtländer Gericht hatte dem Ruf der Schweiz als Sitz des Völkerbunds und den Beziehungen zur jungen Sowjetunion stark geschadet.

Während des Zweiten Weltkrieges und auch lange darüber hinaus unterstützte die GSS die Betreuung der 10’000 sowjetischen Internierten in der Schweiz materiell und personell. Die meisten davon kamen in den letzten Monaten des Krieges als Flüchtlinge aus deutschen Kriegsgefangenen- und Arbeitslagern in die Schweiz, meist in sehr schlechtem gesundheitlichen Zustand. An diejenigen von ihnen, die während ihres Aufenthalts in der Schweiz verstarben, erinnert die GSR traditionell jedes Jahr am 9. Mai.

Die 1944 in „Gesellschaft zur Förderung und Pflege normaler Beziehungen zwischen der Schweiz und der Sowjetunion“ umbenannte GSS lancierte umgehend eine Petition, welche die Schweizer Landesregierung zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Sowjetunion aufforderte. Trotz diverser behördlicher Hindernisse, die zeitenweise einer gewissen Komik nicht entbehrten, kamen in 20 Tagen rund 120’000 Unterschriften für die Petition zusammen. Die Bemühungen wurden von Erfolg gekrönt, als die Schweiz am 18. März 1946 diplomatische Beziehungen mit der Sowjetunion aufnahm. Von 1945 bis 1989 förderte die 1950 wieder in GSS umbenannte Gesellschaft unter nicht immer einfachen Umständen den kulturellen Austausch, die Verständigung der Völker und die menschlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten. Mit dem Zerfall der Sowjetunion musste der Name der Gesellschaft erneut angepasst werden: Sie heißt seit 1993 „Gesellschaft Schweiz–Russland“ (GSR).

Die GSR hätte sich in ihrer hundertjährigen Geschichte mehrmals politisch verbiegen müssen: Sie erlebte Monarchisten, welche von der Rückkehr eines der überlebenden Romanows auf den Zarenthron träumten, Leninisten, Trotzkisten, Stalinisten bis hin zu Chruschtschow, die Geriatrie-Riege der Achtzigerjahre, die Reformbewegung unter Michail Gorbatschow und die Liberalisten der Neunzigerjahre. Viele dieser Leute haben sehr viel Leid über Russland gebracht. Aus diesen Erfahrungen heraus hält sich die GSR bewusst von der Politik fern und betont die humanitäre Hilfe sowie den kulturellen Austausch zwischen der Schweiz, der Russischen Föderation und dem gesamten russischsprachigen Raum, ohne freilich auf panslawistische, großrussische und andere nationalistische Tendenzen einzugehen.

Vgl. den Eintrag bei Wikipedia unter https://de.wikipedia.org/wiki/Gesellschaft_Schweiz-Russland